Alle Wege führen ... in den Chaco-Canyon

von William R. Corliss (1988)

Abb. 1 Ein Teil des beeindruckenden Straßen-Systems, das die verschwundene Anasazi-Kultur einer staunenden Nachwelt hinterlassen hat

Erst im vergangenen Jahr brachte L. L'Amour seine Novelle The Haunted Mesa heraus. Sie handelt von den Anasazi, einem bemerkenswerten Volk im alten Südwesten, circa 900 - 1200 n. Chr., das, so weit wir sagen können, ziemlich plötzlich verschwand. [Vergl. dazu: Vernichteten Kannibalen die Anasazi-Zivilisation? von Julie Cart; d. Red.] L'Amour lässt die Anasazi durch ein Dimensions-Tor [orig.: "space warp"; d.Ü.] in einem Kiva-Fenster in eine Parallelwelt zurückkehren. Da die Archäologen diese bemerkenswerte Kiva noch nicht entdeckt haben, müssen wir uns mit dem begnügen, was sie zurückgelassen haben, doch das ist beeindruckend genug.

Ein langer Artikel im Scientific American [1] macht uns mit den Fähigkeiten der Anasazi bekannt. Wir wollen uns hier auf ihr Straßen-System konzentrieren, doch an ein wenig statistischem Material kommen wir nicht vorbei. Von den neun 'Großen Häusern' der Anasazi im Chaco Canyon, im nordwestlichen New Mexico, ist das Pueblo Bonito am gründlichsten studiert worden. Es bedeckt drei Morgen Land und erhob sich einst zu einer Höhe von mindestens fünf Stockwerken mit etwa 650 Räumen. Konstruiert aus eng aneinandergefügten Sandstein-Blöcken, waren für jedes 'Große Haus' mehr als zehn Millionen geschnittene Sandstein-Blöcke erforderlich.

Für die Fußböden schafften die Anasazi Baumstämme aus Wäldern in 80 Kilometern Entfernung heran. Die 'Großen Häuser' im Chaco Canyon erforderten etwa 215 000 Bäume - ein ziemliches Transport-Problem. Seltsam genug, scheinen die 'Großen Häuser' nur gelegentlich genutzt worden zu sein. In der Tat war der Chaco Canyon landwirtschaftlich zu arm, um eine große, permanente Gesellschaft zu ernähren. Wenn dem aber so ist, was war dann der Zweck der 'Großen Häuser' mit ihren vielen Kivas (große kreisförmige Schächte)? Angeblich dienten sie zu "zeremoniellen Zwecken" - die Standard-Erklärung für rätselhafte Bauwerke und Artefakte.

Die Anasazi erbauten auch ein phantastisches System von Straßen, die zum Chaco Canyon führten. Die beigefügte Karte (Abb. 1) zeigt hunderte Meilen von Straßen, aus allen Richtungen zum Chaco Canyon hin zusammenlaufen. Fernstraßen weisen dabei eine einheitliche Breite von neun Metern auf. Sie werden von linearen Erd-Mounds flankiert und sind beeindruckend gerade. Die 'Great North Road' verläuft beispielsweise über fast 50 Kilometer exakt nach Norden. Was war der Zweck dieser Straßen?

Eine Theorie ist, dass sie dazu dienten, die Menschen kanalisiert zu den vermuteten Zeremonien in den Chaco Canyon zu bringen. Doch wofür war eine neun Meter breite Straße bei einer spärlichen Population nötig? Und warum ließen die Anasazi dies alles plötzlich zurück? [...] Neun Große Häuser befinden sich im eigentlichen Canyon; noch mehr davon sind entlang des Weges dorthin verstreut.


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von William R. Corliss © erschien erstmalig unter dem Titel "ALL ROADS LEAD TO CHACO CANYON" bei Science Frontiers Nr. 59, Sept. / Okt. 1988; Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de nach http://www.science-frontiers.com/sf059/sf059p02.htm

  1. Siehe: Stephen H. Lekson et al., "The Chaco Canyon Community", Scientific American, 259:100, July 1988


Bild-Quelle

(1) http://www.science-frontiers.com/sf059/sf059p02.htm