Als der Schlamm-Pfropfen am Bosporus brach...

von William R. Corliss (1998)

Abb. 1 Als der natürliche Damm am Bosporus brach, stieg der Spiegel des alten Schwarzen Meers (schwarz markiert) in kurzer Zeit bis zur heutigen Größe (gestrichelte Umrandung) an. Die Küstenbewohner wurden entweder durch die erste Flutwelle getötet oder zu einer hastigen Flucht gezwungen.

Während der jüngsten Eiszeit fielen die Meeres-Spiegel hunderte von Fuß, wobei sie die kontinentalen Schelfe freilegten. Die großen Flüsse des Planeten stürzten in riesigen Wasserfällen über ihre Ränder hinab. Schlamm und Gestein hielten bei Gibraltar die Wasser des Atlantik vom Mittelmeer fern und es begann auszutrocknen. Weiter im Osten war nun auch das Schwarze Meer durch den von Schlamm verstopften Bosporus, jene schmale Wasserstraße, die Kleinasien von Europa trennt, von den salzigen Wassern des Mittelmeers abgeschnitten. Im Ergebnis wurde aus dem Schwarzen Meer ein enormer Süßwasser-See (Abb. 1), der von Europas Flüssen im Norden gespeist wurde.

Die Eiszeit ging schließlich vorüber, und die Ozeane und das Mittelmeer begannen wieder zu steigen. Vor etwa 7000 Jahren wurde der hydraulische Druck auf den Schlamm-Pfropfen am Bosporus zu groß und er barst. Salziges Mittelmeer-Wasser strömte in das Tiefland um das Schwarze Meer herum. Wissenschaftler schätzen, dass 50 Kubik-Kilometer Wasser durch den Bosporus rauschten - 200 Niagaras in einem kolossalen Wasserfall. Der Donner des, etwa 150 Meter hinab stürzenden, Wassers könnte noch in 500 Kilometer Entfernung zu hören gewesen sein!

Das Schwarze Meer schwoll schnell an, wobei es die Küstenlinien und auch die Menschen jeden Tag einen oder zwei Kilometer weiter trieb. Die fliehenden neolithischen Bauern wurden hinauf in die fruchtbaren Fluss-Täler Europas getrieben, wobei sie Erzählungen von der Katastrophe und auch ihre Kultur und ihr landwirtschaftliches Know-how in diese Gebiete trugen. Auch der Mittlere Osten war betroffen. Die traumatischen Erfahrungen der Überlebenden könnten zur Grundlage für die sumerischen und biblischen Sintflut-Berichte geworden sein.


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von William R. Corliss © wurde als Auszug seinem Artikel "TWO CATASTROPHE SCENARIOS" entnommen, der erstmals bei Science Frontiers Nr. 117, Mai / Juni 1998 erschienen ist. Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de.

Von Corliss verwendete Quellen:

  • Rosie Mestel, "Noah's Flood", New Scientist, p. 24, October 4, 1997; sowie:
  • Richard A. Kerr, "Black Sea Deluge May Have Helped Spread Farming," Science, 279:1132, 1998

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