Atlantis = Amerika

Eine atlantologie-historische Rückschau

von Alexander Bessmertny (1932)

Abb. 3 Auf N. und G. Sanson's 'Cartes generales' von 1689 wird ganz Amerika als Atlantis dargestellt, aufgegliedert in seine zehn einzelnen Königreiche, wie Platon es beschrieb.

Wir haben schon zu Anfang der historischen Darstellung [1] darauf hingewiesen, daß 60 Jahre nach der Entdeckung Amerikas Gómara [2] [3] das neue Festland für den Kontinent erklärte, der nach Platons Bericht Atlantis gegenüber liegen sollte. [4] </ref> Bacon von Verulam hat dann die Vermutung ausgesprochen, daß Amerika selbst sei und diese Meinung ist bis in die neueste Zeit hinein immer wieder vertreten worden.

Im Jahr 1689 brachten Nicolas und Guillaume Sanson einen Atlas von Amerika heraus, in der die Verteilung Amerikas unter die Poseidonsöhne graphisch dargestellt war
(Abb. 1) und 1762 veröffentlichte Robert Vaugoudy einen ähnlichen Atlas, mit dem er Voltaire zum Lachen gebracht haben soll. Harles, der Herausgeber einer "Bibliotheca Greaca" sprach sich für dia Amerikatheorie aus und ebenso Bircherod. Alexander von Humboldt hat zwar erklärt, daß er die Geschichte von Atlantis für eine Fabel halte, zugleich aber der Meinung Ausdruck gegeben, Solon habe die Geschichte aus Ägypten mitgebracht, wohin eine dunkle Kunde von Amerika gelangt sein könnte. Vor ihm hat der berühmte französische Naturhistoriker Buffon sich dahin ausgesprochen, daß Amerika und allerdings auch Irland und die Azoren Reste einer großen atlantischen Insel seien.

Robert Prutz, der freiheitliche deutsche Literat, gab im Jahrgang 1855 seines "Deutschen Museums" dem Bonner Privatdozenten Jakob Kruger, einem Schüler von Röth, Gelegenheit, eine subtile, umfangreiche Untersuchung: "Amerika bereits durch die Phönizier entdeckt" zu veröffentliche. Das Ziel Krugers war, alle überlieferten Bruchstücke zu benutzen, um aus ihnen "den Geist, der Geschichte entsprechend, als ein in sich zusammenhängendes Ganzes wiederherzustellen". Bei dieser Untersuchung, deren Ergebnis schon aus dem Titel hervorgeht, erklärt Kruger Amerika für das alte, schon den Phöniziern bekannte Atlantis. Er beruft sich dabei auf die von uns schon genannten Stellen [5] bei Plutarch und Diodor und auf den pseudoaristotelischen Traktat "Von den sonderbaren Nachrichten". Kruger hat weitere Nachforschungen versprochen, in denen er die Übereinstimmung auch anderer historischer Berichte mit denen Platons "Timaios" und "Kritias" nachweisen wollte. Jedoch ist von solchen Arbeiten Krugers nichts mehr festzustellen.

Amerika ist noch öfter mit Atlantis gleichgesetzt worden, aber nicht in dem Sinne, daß es sich um eine lokale Identifizierung handelte, sondern in dem Verstande, daß Amerika der erhaltene Rest eines ehemaligen atlantischen, erheblich größeren, durch eine Naturkatastrophe zum größten Teil vernichtete Inselkontinent sei.


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag wurde Alexander Bessmertnys Buch "Das Atlantisrätsel - Geschichte und Erklärung der Atlantishypothesen" entnommen (S. 31-32), das 1932 in R. Voigtländer's Verlag (Leipzig) veröffentlicht wurde. Bei Atlantisforschung.de erscheint er im August 2017 - mit neuem Untertitel - in einer redaktionell bearbeiteten Fassung.

Fußnoten:

  1. Red. Anmerkung: Bessmertny bezieht sich auf S. 18, Kapitel "Geschichte der Atlantishypothesen", in seinem Buch "Das Atlantis-Rätsel".
  2. Siehe online: Guillermo de Millis (Hrsg.), "Hispania Victrix: primera y segunda parte de la historia general de las Indias co(n) todo el descubrimiento, y cosas notables que han acaescido dende que se ganaron hasta el año de 1551, con la conquista de Mexico, y de la nueua España" von Francisco López de Gómara, 1553
  3. Red. Anmerkung: Bessmertnys Fehlschreibung von López de Gómaras Namen ("Gomora") haben wir hier korrigiert.
  4. Red. Anmerkung: Alexander Bessmertny irrte hier offenbar, oder drückte sich zumindest missverständlich aus. López de Gómara erklärte nämlich in seiner Chronik "Hispania Victrix...": "Also können wir sagen, dass las Indias [= Amerika] die Insel und das Festland von Platon sind." Zitiert (Unterstreichung durch uns) nach: Thorwald C. Franke, "Kritische Geschichte der Meinungen und Hypothesen zu Platons Atlantis - Von der Antike über das Mittelalter bis zur Moderne", Norderstedt (BoD), 2016, S. 270
  5. Red. Anmerkung: Gemeint sind Plautarchs "Moralia" (Bessmertny, op. cit., S. 16) und in Hinsicht auf Diodor vermutlich dessen "Historische Bibliothek", Drittes Buch.

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